Ein großer Sprung nach vorne:
Gestern trödelten wir durch Wiesen und Wälder im sehr entspannten Miteinander. Erste lästige Bremsen ignorierten das "ganz sicher wirkende Bremsenmittel" und quälten die Stute ein wenig. Die Sonne lag heiß und träge auf den blühenden Wiesen und so wählte ich nach einiger Zeit einen Weg durch einen schattigen Nadelwald, der später durch ein schmales feuchtes Tal führte.
Als wir aus dem kühllen Wald heraustraten, empfing uns das kleine Tal mit gut hüfthohen Brennesseln, Disteln und Royas "Lieblingspflanzen", 1 Meter hohe Kletten- und Pestwurzblätter, welche den schmalen tiefgründigen Pfad ziemlich überwucherten und den Blick auf den dunkelbraunen tiefen Boden und die Gatschlöcher nur dann und wann freigaben, wenn der Wind die großen Blätter mit ihren silbergrauen Blattunterseiten leicht hin und herschaukelte und nach oben drehte. Nun hegt meine Stute aber eine große Abneigung gegen tiefen nassen Boden mit Wasserlacken und eben diesen Pflanzen mit ihren großen unberechenbaren 2färbigten Blättern.
So erstarrte sie förmlich bei diesem Anblick und stemmte entschlossen die Vorderbeine in den Boden. Der Hals wurde hoch, war dabei aber gewölbt, um das leichte Wogen der Blätter und den tiefen Boden sehen zu können. Den Rücken drückte sie sofort weg und stampfte immer wieder nervös mit dem linken Hinterbein in den Boden, nachdem sie versucht hatte, sich blitzschnell herumzuwerfen, was ich aber geschickt und ohne großen Aufhebens mit Gewicht und leichtester verwahrender Zügelhilfe unterbinden konnte. Ich konnte eine leichte Vibration fühlen, welche durch ihren gestressten Körper jagte. Um Druck von ihr zu nehmen, ließ ich die Zügel ganz locker und hielt sie mit Kreuz und Schenkel auf der Stelle, sobald sie versuchte sich herumzuwerfen, um davonzustürmen. Ich strich beruhigend über ihren Hals, (was sie noch vor 3 Monaten gerade in so einer Situation in zusätzliche Panik versetzt hätte), blieb aber aufmerksam um jederzeit reagieren zu können.
Nachdem sie merkte, daß sonst nix passierte und sie einfach nur an Ort und Stelle bleiben mußte, entspannte sie sich allmählich. Ich blieb weiterhin ganz ruhig sitzen und verlangte gar nichts. Nach einiger Zeit versuchte ich sie mit Stimmhilfe und behutsamen Druck des Kreuzes in den Schritt zu birngen. Ihre Antwort: "auf keinen Fall!!!!" So wartete ich weiterhin in Ruhe ... Minuten später, sie war nun ziemlich ruhig geworden, versuchte ich es sanft wieder. Nun bot sie mir - ich mußte in mich hineinlachen

- auf meine sanfte Aufforderung einen Schritt vorwärts zu tun, diesen rückwärts an. Gespannt, was nun folgen würde, gab ich ihr wieder eine Hilfe zum Schritt vorwärts, worauf sie wieder - ganz brav

- einen Schritt machte, nur eben retour. Das wiederholten wir 4 oder 5 mal. Dann ließ ich sie wieder für Minuten in Ruhe und versuchte es später wieder. Jetzt senkte sie den Kopf zu Boden und beroch (endlich!) die Blätter ganz aus der Nähe und zupfte sich einen Grashalm. Ich wartete bis sie alles eingehend und zu ihrer Zufriedenheit begutachtet hatte, dann folgte sie dem sanften bestimmten Druck meines Kreuzes und bahnte sich IN VÖLLIGER RUHE UND GELASSENHEIT am hingegebenen Zugel einen Weg durch die leise rauschenden Blätter. Sie stoppte kein einziges Mal auf den gut 200m langen völlig verwachsenen teilweise glitschigen Pfad und ich zerplatzte fast vor Stolz auf sie

.
Das ganze Manöver hatte, ich schätze einmal, knapp 30 Minuten gedauert.
Wahrscheinlich hätte ich sie, ohne ihr Zeit zu geben, auch durch diesen Weg zwingen können. Aber, es gibt immer ein nächstes Mal (!) und Pferde haben bekanntlich ein gutes Gedächtnis. Sie hätte dann wieder einmal erfahren, daß sie MUSS und nicht daß sie KANN!!!
LG
Greta