Bei unserem abendlichen Gespräch konnten einige Sachen geklärt werden. Die gestrigen 51 km und 2800 hM kamen zustande, weil ich Munarbeks Bruder bzw. sein Französisch nicht verstanden habe, Munarbek aber meinte, ich hätte mein Einverständnis zur Streckenlänge seinem Bruder gegeben. Dann stellt sich heraus, dass bis auf die zwei Pferde, die wir heute bekommen haben,alles von anderen lokalen Pferdebesitzern zugemietete Pferde sind, da der gute Munarbek zu viele Kunden hat. Dann sind wir die ersten überhaupt, die die Pferde mal ungesattelt zu Gesicht bekamen, alle anderen Reiter bekommen die Pferde gesattelt vorgesetzt und auch das Absatteln übernimmt der Wrangler, während die Gäste bereits gemütlich Tee schlürfen. Bisher hat er sich noch nie Gedanken darüber gemacht, warum die Widerriste offen und die Rückenmuskulatur jeden Sommer verschwindet. Im Frühjahr sei sie ja wieder da, so wo liegt das Problem ? Die Tradition dieses Landes hat halt einfach ein etwas weniger differenziertes Verständnis für die Sache Pferd. Aber er ist bereit zu lernen und versteht auch, dass letztendlich bessere Pferde auch zu mehr Kundschaft führen. Und da es nicht sehr aufwändig ist, Heu für die Pferde zu bekommen verspricht er sich besser darum zu kümmern. Er hat keine Ahnung davon, wie viel ein Pferd unter Höchstleistung zu Fressen braucht und ist sehr interessiert mehr darüber zu lernen. Unter Zuckerbrot und Peitsche machen wir ihm klar, dass er da was ändern muss, ich glaube ihm erst mal und hoffe, das es was fruchtet. Die hiesigen Pferde, allesamt im Arabertyp sind im Gegensatz zu den Mongolenpferden sehr leistungsbereit und gehen bis sie umfallen. Und genau das ist es, was ihnen auch die Uebervorderung beschert. Die Mongolenpferde hätten Munarbek und seinen Kunden längst den Stinkefinger gezeigt. Mit den beiden neuen Pferden von Munarbek, sind wir jetzt einigermasen ausgestattet und können unseren Trek an Son-Kol beginnen.
Wir können ausschlafen, alle zusammen in der Jurte wird es eng aber es geht trotz unserem ganzen Gepäck und unseren ausgebreiteten nassen Klamotten. Wir hoffen, dass alles wieder etwas trockener wird. Am Morgen regnet es zwar nicht aber die Sonne kann sich auch nicht wirklich durchsetzen. Die 2 neuen Pferde von Munarbek sehen recht gut aus, müssen jedoch neu beschlagen werden. Der Beschlag ist wieder mit sehr hohen Stollen versehen, so dass man tunlichst schauen sollte die Pferdefüße nicht auf die eigenen zu
bekommen.
Ich muss auch meine Steigbügellänge verändern und so vergeht der Vormittag mit dem Richten unseres Gepäcks. Es regnet immer wieder und so werden unsere Schuhe auch nicht wirklich trocken und die Jurte ist auch nicht dicht. Da die Hirten in einem neuen Zelt leben ist die Pflege der Jurte leider etwas vernachlässigt worden. Wir beobachten das Treiben der Nomaden beim Käse machen, probieren die Joghurt Bällchen und außer Szolt kann sich von uns niemand damit anfreunden, denn sie schmecken streng und das Gefühl gerade einen Klumpen Salz mit Teig im Mund zu wälzen, lädt nicht zur Wiederholung ein. Frischen Ayran gibt es leider nicht. Wir bekommen Bratkartoffeln zu Mittag und Murnabek kommt mit dem restlichen Gepäck für Baktiar und bringt eine große Melone mit, die wir rasch vertilgen.
Wir entscheiden heute noch ein paar Kilometer in den Berg zu reiten, damit unsere Pferde besseres Grasbekommen. Eine französische Familie kommt den Berg platschnass runter und zieht sich rasch um. Sie kamen in einen Hagelschauer auf dem Pass,über den wir morgen drüber wollen. Murnabek zeigt mir seinen Appalousa. Die Pferderasse stammt ursprünglich aus dem kirgisischen Grenzland zu China und kam ganz mit Marco Polo nach Europa und von dort nach Amerika, wo sie durch die Nez Perce Indianer weiter gezüchtet wurden. Der Name kommt von Paloose River, wo diese Indianer zu Hause waren, und aus at Paloose wurde dann im Laufe der Zeit Appaloosa.
Gegen 15 Uhr ist alles gepackt und wir sind startklar. Olivia hat ihren, für sie unbequemen Passgänger abgegeben. Später erklärt mir Baktiar, dass in Kirgisien diese Pferde extra für Passrennen gezüchtet werden und er das Pferde gerne reitet. Szolt hat sein Pferd gegen den neuen Schwarzen mit Namen Terminator getauscht. Mal sehen ob das gut geht? Die Schlucht wird eng und die Sonne kommt raus und strahlt die nassen Bergweiden an. Mein Pferd lässt sich bergab nur ziehen und deshalb entscheide ich mal wieder auf zu sitzen. An einem steilen Aufstieg aus einem Bachlauf kommt er mit der Hinterhand nicht hoch und kann mein Gewicht nicht hochstemmen. Er dreht wie auf einer Briefmarke um und kletter die Böschung wieder runter. Ich steig ab. Der arme Kerl braucht definitiv eine Pause. Wir kommen auf eine Wiese mit Knie hohem Gras auf das sich unsere Pferde stürzen. Wir beschließen hier zu bleiben, damit die Pferde sich sattfressen und weiter ausruhen können. Peter macht Wasser heiß und es gibt die 2. Trekkingmahlzeit. Es ziehen dunkle Wolken auf und wir verkriechen uns zum Nachtisch ins Männerzelt. Dort besprechen wir mit Bopon nochmals den vorigen Tag. Es fängt an zu regnen und zu stürmen. Graupel und Hagelschauer übertönen das Rauschen des Baches.
Geändert von Alpentrekker (14.08.2012 um 12:32 Uhr)
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