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Alt 16.08.2012, 10:06   #6
Alpentrekker
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Wir nächtigen auf 2900 m ü. M. Es regnet, schüttet, schneit und klart auf. Das ist das was uns am morgen erwartet. Keiner hat wirklich Lust aufzustehen. Ich bringe den anderen das Frühstück ans Zelt und versuche die Lage zu besprechen. Zurück in Munarbeks Lager und in der Jurte auf besseren Wetter warten? Nicht wirklich gemütlich dort, da die auch nicht dicht ist. Hier abwarten und hoffen, dass das Wetter bessert? Immerhin, haben die Pferde hier ausreichend Gras. Und eine weitere Pause wird ihnen gut tun. So harren wir der Dinge, dösen vor uns hin, warten die Regenpause ab um das örtliche WC zu besuchen. Baktiar bekommt von Pat ein paar trockene Socken, da er nur ein paar dabei hat und die, wie unsere auch, klatschnass sind. Gegen Mittag hört es mal wieder auf und Pat macht den Vorschlag doch auf zu brechen. Sie klärt mit unseren 2 Guides ab, was wir für Chancen haben, über denPass mit seinen 3500 m zu kommen?
Fazit wir starten ohne Mittagessen, packen schnell unsere Pferde und ziehen dem Pass entgegen, so lange es noch einigermassen trocken ist.. Dort oben hat es an die 10-20 cm Schnee hingelegt. Die Sonne lässt sich blicken und so können wir dem ganzen noch eine schöne Bergwelt wie im Winter abgewinnen. Die Pferde klettern wie Gämsen den Hang hoch und das noch mit den Stollen in den Eisen und manchmal bis 15 cm hohen Schneeblöcken darin, aber sie sind sehr trittsicher und schaffen es fast mühelos uns da hoch zu tragen. Unterwegs sehen wir auf einem Stein skytische Felsmalerein. Nach knapp 1,5 Stunden stehen wir auf dem Pass Jaisan 3506 m. Es zieht wieder zu und der Abstieg sieht deutlich schlimmer aus als der Aufstieg. Wir entscheiden ein anderes Tal zu nehmen und klettern die andere Seite runter und es ist wie im April, Sonnenschein wechselt mit Regen. Wir bekommen traumhafte Ausblicke auf die Bergwelt mit Regenbogen im fernen Tal. Selbst Bopon steigt nun mal ab bei diesem Weg. Wir kommen ins Tal Suu Samyr und fragen an einer Jurte, ob wir bleiben können. Wir stellen unsere Zelte auf und werden hervorragend in der Jurte bewirtet mit Chai (Tee), Brot, Marmelade und Sahneähnlichem. Der Mann Kojokan lädt uns zum Abendessen ein. Wir bekommen Grechka, ähnlich dem Plov aber mit Buchweizen. Wir haben einen netten Abend bei der Familie. Die 2 Frauen werden eingeladen in der Jurte zu schlafen, doch da hier viele Leute waren zogen sie es vor wieder im Zelt zu schlafen.

Samstag, 28.07. Suu Samyr 25 km; 200 hm
Wir waren zu optimistisch, es regnete wieder die ganze Nacht . Wir bekommen Frühstück in der Jurte und die ganze Familie hilft unsere Pferde fertig zu machen. Olivia tauscht mit Zsolt das Pferd, da dieser mit Terminator nicht wirklich glücklich ist. Im Hintergrund glitzern die weißen Berggipfel und wir ziehen im Tal entlang, kommen immer wieder an umherziehenden Pferde- und Schafherden vorbei. Zum Mittagessen kommen wir in einer Jurte vorbei und nun hat sich auch endlich die Sonne durchgesetzt und so sieht das Leben wieder rosig aus und auch die Schuhe werden langsam wieder trocken. Die Frauen können sich von den Plastiktüten, die sie über die Socken gezogen haben, trennen. Am Abend kommen wir wieder an einen Idyllisch gelegenen Bachlauf, nur mit dem Gras für die Pferde sieht es mager aus. Peter geht mit Baktiar die Lage weiter unten checken und evt. Wasser holen falls wir nicht unten bleiben können. Doch wir werden von einem ehemaligen Lehrerehepaar eingeladen zu bleiben. Die Pferde werden versorgt und nun kommt die 1. böse Überraschung, Baktiars Pferd ist am Rücken offen. Da die Verschnürung des Sattelsitzitzes durchgesessen ist, drückt der Sattelgurt direkt auf die Wirbelsäule des Pferdes und und hat dort eine offene Stelle verursacht. Ich schmiere meine Gallsalbe drauf und wir entlassen die Pferd erst einmal. Wir nehmen ein Bad im Bach, wer weiß wann wir wieder dazu kommen bei dem schönen Wetter. Die Frau Gulzat spricht fließend Englisch und auch ihr Mann Marat versteht einiges. Sein Vater Hassam Toktogonov ist Dolmetscher und Uebersetzer für Deutsch und in Kirgisien sehr bekannt durch die Bücher, die er übersetzt. Gulzat erklärt uns, warum sie nicht mehr unterrichtet. Sie wurde von ihrem jetzigen Mann aus der Uni entführt und geheiratet (dieser Brauch ist heute verboten) und lebt nun in den Bergen mit ihm und versorgt die Tiere. Sie hat ein Talent zu unterrichten und es ist schade, dass sie das nun nicht mehr tun darf, aber sie musste sich ihrem Mann beugen und hier scheint sie nicht unglücklich zu sein. Sie haben regelmässigl Besuch aus Deutschland, und ihre Jurte ist eine der best ausgestatteten, die wir bis her zu Gesicht bekamen. Ihr Mann kümmert sich rührend um sie und es scheint auch so, dass hier die Rollenverteilung etwas flexibler gestaltet wird. Zumindest ist meist er beim Melken anzutreffen und sie gibt zu, die Stuten nicht gerne zu melken, da sie Angst vor ihnen habe. In der Familie gibt es einen berühmten Sänger und ein grosses Plakat von ihm hängt in der Gästejurte. Wir versuchen ein Schafffell oder ein Ersatzpferd zu bekommen, aber beides scheint nicht möglich zu sein. Schaffelle gibt es nicht, da diese sofort verkauft werden, und Pferde werden an Fremde nicht vermietet, da man ihnen gegenüber zwar sehr offen, aber auch misstrauisch ist. Der Kauf ist nicht möglich, weil nur Hengste geritten werden, und dann die Stuten ohne Beschützer von anderen Hengsten vertrieben werden. Wir bekommen zum Abendessen um 22 Uhr Traditionelles Bish Bermek, 5 Finger Essen, das aus Schaffleisch mit Nudeln besteht. Es ist fast wie in Spanien mit den Abendessenszeiten.

Geändert von Alpentrekker (16.08.2012 um 10:14 Uhr)
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