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Sonntag, 29.07. Pausetag
Wir schlafen alle in der Jurte und morgens hat sich die Wetterlage geändert. Die Sonne strahlt vom tiefblauen Himmel. Wir warten auf das Frühstück und haben die Option bei einem Reiterspiel zuzuschauen, das mittags sein soll. Ich möchte eigentlich lieber weiter bei dem schönen Wetter, doch die Aussicht live beim Buzkashi bzw. auf Kirgisisch Keuk beurü zuzuschauen hat was für sich. Da Baktiars Pferd den offenen Druck hat, fällt die Entscheidung so aus, dass wir bleiben, die Pferde etwas Pause haben und wir das Pferde verarzten können. Rivanol und Honig tun ihr übriges, doch der offene Druck braucht eigentlich viel zu lange um zu heilen. Ich reite mit Bopon auf den Berg hoch, um dort mit Murnabek zu telefonieren und zu klären, ob wir ein anderes Pferd bekommen können. Keine Chance, er hat keine mehr und vor Ort bekommen wir auch keine.
So faulenzen wir vor uns hin, spielen UNO und ruhen uns nach dem Mittagessen aus. Als um halb 4 fangen wir unsere Pferde an zu richten. Es ist halb 5 als wir loskommen. Ohne Gepäck sind unsere Pferde deutlich flotter und kurz nach 5 sind wir auf dem Rennplatz. Es geht wild zu und wir verstehen nicht wie das Spiel abläuft. Baktiar kommt mit Marat nach und so fehlt uns der Übersetzer. Wir sehen zu, wie die Männer versuchen den toten Lammkörper von ca. 30 kg vom Boden aufzunehmen und unter das rechte Reiterbein geklemmt auf ihren Punkteplatz bekommen wollen. Es spielen immer 2 Teams gegeneinander. 3 Reiter beschützen den Kadaverträger, 4 attakieren ihn, und versuchen das Tier zu entreissen. Immer wieder gelingt es dem Reiter mit der Ziege zu entkommen, aber da er doch an den Punkt muss, um seine Beute zu deponieren, hetzen die anderen ihm nur anfangs nach und kehren dann zurück, um zu warten bis er im wilden Galopp wieder angestürmt kommt. Statt zu blocken, versuchen die Gegner an seine rechte Seite zu gelangen und ihn abdrängend von der Ziege zu befreiten, um dann ihrerseits ihren Deponiepunkt anzusteuern. Viel Geschrei und voller Körpereinsatz, die Ziege wird im vollen Galopp vom Boden aufgehoben und auf den Sattel gehievt, Peitschenhiebe auf den Gegner und sein Pferd, wildes Getöse.
Die Pferde werden richtig heiß gemacht und jagen in einem Wahnsinnstempo über die weiten Ebenen. Ab und an gibt es blutige Lippen bei Ross und Reiter. Wenn es einen Punkt gegeben hat, sprich der Tierkörper am richtigen Ort abgelegt wurde gab es wieder eine Pause, in der reichlich Wodka floss. Olivia und Pat bleibt der Wodka als einzige Frauen auf dem Spielfeld erspart. Wir Männer mussten allerdings mehrmals den Genuss von Kumis, gewürzten Fettwstreifen und Wodka über uns ergehen lassen. Auch mussten wir immer wieder der rasenden Menge ausweichen, um nicht in der Hitze des Gefechts über den Haufen gerannt zu werden. Wir beschlossen wieder auf die Pferde zu steigen um Notfalls dem Tumult schnell ausweichen zu können. Wir sehen auch einige Jährlinge und 2jährige, die auch bei diesem wilden Spiel schon geritten werden. Das ist kein schöner Anblick, wenn auch die Reiter nur leichtgewichtige Kinder sind. In früheren Zeiten war das bei uns ja auch nicht anders. Als Höhepunkt preschen die Männer in vollem Galopp in den Fluss, die Pferde müssen schwimmen und und auf der anderen Flussseite gehts im gestrecken Galopp weiter und zurück, das gleiche Spiel noch einmal.
Olivia war mit ihren blonden Haaren immer wieder begehrt fürs Fotoshooting mit den Männern. Wir reiten in der Abenddämmerung wieder heim und lassen unsere Pferde flott galoppieren.Das Abendessen wird uns allerdings erst serviert, wenn der Herr des Hauses zurück ist. Zsolt bekommt eine heftige Erkältung und will noch einen Wodka, doch Olivia meint er hätte eh schon genug am Spielfeld gehabt. Es gibt ein weiteres Nationalgericht: Kurdak, was aus Fleisch, Innereien und Kartoffeln besteht, es schmeckte sehr gut, etwas schwer, denn es war arg fettig.
Montag, 30.07. Suu Samyr – Hochebene 28 km; 1000 hm
Um 7:30 gibt es Frühstück und bald sind auch unsere Pferde fertig gesattelt.Ich packe mit Bopon und Zsolt das Packpferd und sind schon geübt darin. Baktiar muss ohne Sattel weiter reiten. Auf dem dünnen Pferd sicher keine Wohltat. Wir verabschieden und sehr herzlich mit einem Jong Rachmat, vielen Dank, von unseren Gastgebern. Wir folgen nun einem anderen Bachlauf in ein enges Tal, das uns von dem großen Tal und der Strasse wegführt. Hier hinten sind immer weniger Hirten zu sehen. Die Sonne brennt vom Himmel und so ziehen wir stundelang durch die Hochebene. Die Blumenpracht ist herrlich und die Wiesen wechseln immer wieder die Farben, je nachdem was gerade am meisten blüht. Ab und an treffen wir auf einen Hirten und ein paar Pferde, die am Bachlauf stehen. Ansonsten haben wir Gesellschaft vieler Mücken und Pferde stechenden Insekten. Bopon möchte Pause machen, um Fische zu fangen. Doch er hat kein Glück. Wir schauen gespannt dem Schauspiel zu. Wir ziehen über die bunten Wiesen, im Hintergrund sehen wir schneebedeckte Berggipfel hinter denen irgendwo unser Ziel, der Son Kul, liegt.
Wir kommen nach 28 km an einen schönen Bachlauf, wo es viel Gras hat und wir beschließen hier zu bleiben. Hier fängt Bopon dann doch noch 2 Fische. Wie er die gegessen hat? Gekocht hat er sie sicher nicht und Feuer machen konnte er auch nicht. Wir können wieder baden gehen, fast zuviel aufs mal, genießen die Sonnenstrahlen und spielen UNO mit warmem Chai, während ich das Wasser fürs Abendessen heiß mache. Auf die vielen stechenden Schnaken hätten wir gerne verzichtet, doch die witterten fette Beute und
frisches Blut an uns und unseren Pferden. Die Nacht verspricht kalt zu werden. Wir schlafen auf 3000 m.üM.
Geändert von Alpentrekker (16.08.2012 um 14:51 Uhr)
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