Anlässlich des nahenden Jahresendes ließ ich kürzlich meine Gedanken bezüglich unserer Pferde zurückschweifen und folgende Begebenheit aus der Vergangenheit nahm wieder Gestalt an:
Mein Dicker, der damals, ca. 4 jährig, eigentlich noch ganz meinem Mann gehörte und ausschließlich von ihm geritten wurde, wußte zu dieser Zeit noch nicht, daß er auch einmal schneller als einen gemütlicher Cantergalopp laufen könnte. Mein Mann ließ ihm Zeit und wir dachten, eines Tages wird er schon soweit sein. Dieser Tag war aber auch 1/2 Jahr später noch nicht gekommen.
Nachdem mein Mann gerade wieder einmal beruflich im Ausland unterwegs war und ein milder schöner Abend meinen Sohn und mich zu einer abendlichen Runde zu Pferde verführte, sattelte ich den Dicken.
Nach einiger Zeit, als wir auf einem schönen nadelbestreuten Forstweg im grünen Tann nebeneinander dahintrabten, galoppierte mein Sohn seinen Schimmel an und mein Pferd sprang ebenfalls voll Freude in den Galopp, worauf mein Sohn seinen Hengst etwas weiter ausgreifen ließ und meinte: "schaun wir einmal, vielleicht geht der Dicke heute mit."
Er ließ den Schimmel ganz langsam weiter zugeben, mein Pferdchen zog - wie immer - trotz behutsamer Kreuz und Schenkelhilfen - nicht mit. Er behielt voll Überzeugung seinen runden gemütlichen Canter bei und war mit sich und der Welt im Reinen

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Ich rief meinem Sohn nach: "laß den Saabaaq laufen, ich komme später nach", aber insgeheim hatte mich der Ehrgeiz gepackt. Ich konnte einfach nicht glauben, daß ein Pferd sich nicht einmal gerne etwas strecken mag. So gab ich dem jungen Pferd erst einmal noch mehr Zügelfreiheit, was so gut wie gar nichts brachte. Er streckte sich kaum nach vor und war ganz zufrieden mit seinem derzeitigen Tempo und offensichtlich der Meinung: "mehr geht nicht".
Gerade konnte ich den Schimmelhengst mit senkrecht aufgestellten Schweif, der wie eine weiße Fahne über seinem wunderschönen Körper wehte, hinter der nächsten Wegbiegung verschwinden sehen.
Alleine dieses Bild hätte 10 von 10 Pferden die Seele aus dem Leib gezogen, hätten sie nicht mitlaufen können. Nicht so den Dicken, dieser sprang rund wie ein Gummiball und frohgemut im gemütlichen Canter dahin. Er dachte nicht einmal im Traum daran etwas schneller zu werden.
"Soetwas kann es doch gar nicht geben", dachte ich und so ging ich aus dem leichten Sitz zurück in den Sattel und schob mit dem Kreuz ein wenig an - nix - . Nun legte ich die Schénkel ein wenig mehr an den Pferdekörper und schnalzte zwei drei mal aufmunternd mit der Zunge. .............JETZT wurde er ganz minimal höher und ich hatte plötzlich die volle Aufmerksamkeit dieses jungen Pferdes. Seine Ohren gingen schnell einige male fragend nach hinten und wieder nach vorne.
Freudig durchfuhr es mich und ich dachte ganz gerührt: "jetzt hat er (mich) verstanden und gleich wird er zugeben, gelernt ist eben gelernt". Noch in diesem Augenblick erhielt ich seine prompte Antwort. Er riß er den Kopf zwischen die Beine und buckelte quietschend vor Freude was das Zeug hielt. Ich glaube, er war sich ganz sicher, daß ich genau das von ihm gewollt hatte. So schnell wie dieses Manöver begonnen hatte, endete es auch - und das junge Pferd - sprang wieder - rund wie ein Gummiball und gemütlich - dahin. Keinen Stundenmilimeter schneller, oder langsamer als zuvor

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Ich hatte für den Moment vorerst einmal genug und war ob der paradoxen Antwort des Dicken auf meine Anfrage nach mehr Tempo froh, diese überstanden zu haben

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Liebe Grüße
Greta